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Ginkgo-Präparate bei Alzheimer ohne Wirkung?

Lesezeit: 4 Minuten

Schale mit Kapseln und Ginkgoblatt

Ginkgo-Präparate dominieren den Markt pflanzlicher Arzneimittel. Und das verwundert nicht. Bis heute hält sich das Gerücht hartnäckig, Ginkgo helfe bei einer Alzheimer-Erkrankung oder könne dieser vorbeugen. Und das obwohl es seitens der Wissenschaft laute Stimmen gibt, die schon seit Jahren vor der Einnahme dieser Präparate warnen. Die Wirkung konnte nie bewiesen werden, zudem kann Ginkgo erhebliche Nebenwirkungen haben. Trotzdem nehmen viele Menschen diese Mittel aus reiner Verzweiflung und oft ohne vorherige Absprache mit ihrem Arzt ein.

Wie ist die Studienlage zu Ginkgo-Extrakten bei Alzheimer Demenz?

Es wurden bereits mehrere große Studien durchgeführt, die die Wirksamkeit von Ginkgo-Extrakten bei Demenz nachweisen sollten. Die hier beschriebenen Studien verwendeten EGb 761®, ein Spezialextrakt der Firma Schwabe, der Grundlage für das bekannteste Ginkgo-Arzneimittel auf dem Markt ist: Tebonin®.

Ursprünglich zeigten die Ergebnisse in die richtige Richtung.

In einer kleinangelegten Studie aus den 90er Jahren mit nur 20 Teilnehmern konnte nach drei Monaten ein positiver Effekt auf das Fortschreiten der Krankheit festgestellt werden. Da Studien mit so geringer Teilnehmerzahl aber nur eingeschränkte Aussagekraft haben, wurden in den Jahren darauf zwei große Studien durchgeführt. Das Ergebnis: Der Ginkgo biloba – Extrakt (EGb 761®) zeigt keine signifikante Wirkung bei Alzheimer Demenz.

Bei der ersten großen Studie handelt es sich um eine randomisierte, Placebo-kontrollierte Doppelblindstudie. Das heißt, dass weder Arzt noch Patient wissen, ob sie ein Placebo oder ein potenziell wirksames Präparat verabreichen bzw. erhalten. Die 3069 Patienten hatten keine oder nur geringe kognitive Beeinträchtigungen und wurden im Schnitt über einen Zeitraum von sechs Jahren beobachtet.

Die zweite große Studie untersuchte fünf Jahre lang 2854 Patienten über 70 Jahren, die aufgrund nachlassender Gedächtnisleistung ihren Arzt aufgesucht hatten. In keiner der beiden Studien konnte der Ginkgo-Extrakt vorbeugend das Auftreten oder das Fortschreiten kognitiver Beeinträchtigungen beeinflussen. Er zeigte schlicht keinen klinisch signifikanten Effekt. 

Illustration, Anführungszeichen

Für ältere Anwender mit kardiovaskulären Vorerkrankungen könnte der Ginkgo-biloba-Extrakt nach einer explorativen Auswertung sogar ein erhöhtes Demenzrisiko bedeuten.

–  Fachmagazin Arznei-Telegramm

Irreführende Werbung für Ginkgo-Präparate

Wahrscheinlich keine Pflanze ist uns aus Werbung so bekannt wie Ginkgo biloba. Ältere Menschen, die Ihre Schlüssel verlegen oder über Gedächtnisprobleme im Alter sprechen, gehen meist einher mit der Werbung für ein Ginkgo-Präparat. Die ständige Gegenwärtigkeit dieser Art von Werbung verwundert nicht, wenn man bedenkt, dass 2019 nach Angaben des Marktforschungsinstituts IQVIA ungefähr 3,5 Millionen Packungen der Ginkgo-Präparate für insgesamt rund 243 Millionen Euro verkauft wurden. Mit dem Ginkgo-Mythos wird also viel verdient. 

Die Firma Schwabe bewarb anfangs ein hauseigenes Nahrungsergänzungsmittel mit Ginkgo offen als Mittel gegen Alzheimer, bis das Landgericht Köln diese Vorgehensweise untersagte (Urteil vom 06.11.2015 – 6 U 65/15). Aussagen wie „Sorgenfrei ohne Angst vor Alzheimer und Demenz?“ oder „Drehen Sie Ihre biologische Uhr 10, 15 Jahre jünger. Nur 1 Kapsel täglich genügt!“ und viele mehr darf das Unternehmen nicht mehr tätigen.  

Dennoch bewirbt auch die aktuelle Verpackung von Tebonin® konzent® das Präparat „zur Verbesserung einer altersbedingten Verschlechterung geistiger Fähigkeiten und der Lebensqualität bei leichter Demenz“, während Tebonin® intens ein „pflanzlicher Wirkstoff zur Leistungsstärkung des Gehirns und zur Durchblutung“ sein soll. Dieses Vorgehen ist in Anbetracht der bereits beschriebenen Studienlage mit zwei großen, methodisch korrekt durchgeführten Studien, die keinerlei Effekt zeigen, sehr fragwürdig.

Ginkgo-Präparate können das Risiko für Schlaganfall verdoppeln

Auch wenn Ginkgo inzwischen weithin bekannt ist, die Nebenwirkungen dieser Präparate sind es nicht. Kopfschmerzen treten laut Beipackzettel des Arzneimittels Tebonin® sehr häufig auf. Aber auch Benommenheit oder Schwindel, Durchfall, Unterbauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sind häufig unter den auftretenden Symptomen vertreten.

Die Fachzeitschrift Arznei-Telegramm warnt zudem auch vor der Erhöhung des Risikos für Schlaganfälle, das sich mit der Einnahme von Ginkgo-Präparaten verdoppeln kann.

Sogar das Erbgut kann bei der Einnahme von Ginkgo Schaden nehmen. Schuld daran ist der teilweise hohe Anteil an Ginkgolsäuren. Bei Arzneimitteln mit Ginkgo wird dieser Anteil überwacht, bei Nahrungsergänzungsmitteln jedoch nicht.

Die Verbraucherzentrale warnt davor, Nahrungsergänzungsmittel mit Ginkgo einzunehmen, da hier keine Kontrolle der Ginkgolsäure-Werte vorgenommen wird. Sie schreibt: „Ginkgolsäuren können Allergien und Magenschleimhautentzündungen hervorrufen, sind Zell- und Nervengifte. Auch wurde eine erbgutverändernde (mutagene) Wirkung nachgewiesen.“

Ginkgo-Extrakte können zudem bestimmte Stoffwechselenzyme und Proteine hemmen oder aktivieren. Deshalb kann es zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommen. Besonders vorsichtig sollten Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein, die Blutgerinnungshemmer oder Blutdrucksenker einnehmen, weil Ginkgo die Blutneigung erhöht.

Mehr über pflanzliche Alternativen zu Gingko-Produkten: Mit Pflanzenextrakten langfristig kognitive Fähigkeiten erhalten

Zusammengefasst

Alle nach derzeitigem Wissenstand korrekt durchgeführten medizinischen Studien mit gesamt mehr als 6000 Patienten zeigen keinen Effekt des Ginkgo-Extraktes EGb 761® /Tebonin® bei der Vorbeugung oder Behandlung der Alzheimer Demenz. Trotzdem wird immer noch breit damit geworben, dass Ginkgo-Präparate einen Einfluss auf das Fortschreiten der Alzheimer-Demenz hätten und sogar zur Prävention eingenommen werden könnten.

Ginkgo-Präparate bergen jedoch die Gefahr von erheblichen Nebenwirkungen. Deshalb sollten Sie die Einnahme solcher Mittel dringend mit dem behandelten Arzt besprechen. Am besten sollte jedoch auf die Einnahme gänzlich verzichtet werden, da es pflanzliche Alternativen gibt, die keine oder deutliche geringere Nebenwirkungen haben als Ginkgo-Präparate.

Wir möchten an dieser Stelle auf den ausgezeichneten Artikel „Sanftes Mittel fürs Gehirn?“ von Cornelia Stolze auf alzheimerpunkt.ch aufmerksam machen, der sich ebenfall mit dem Thema Ginkgo beschäftigt.

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